Stoffverbrauch berechnen
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Heute schauen wir uns an, wie du den Stoffverbrauch für dein Schnittmuster ermitteln kannst.
Wenn du aus den Basic Schnittmustern neue Modelle entwickelst, ändert sich häufig auch der Stoffverbrauch.
Anhand von zwei Beispielmodellen erkläre ich dir zwei verschiedene Methoden um den Stoffverbrauch für dein neues Schnittmuster zu berechnen bzw. auf andere Art zu ermitteln.
Vielleicht kennst du für Kleider- und Oberteile die Faustformel 1 x die Kleider- bzw. Oberteillänge + 1 x die Ärmellänge. Für schlichte, gerade Modelle kommt das auf jeden Fall ganz gut hin – vorausgesetzt das Vorder- und Rückenteil passen nebeneinander auf den Stoff.
Aber wir wollen uns heute ein bisschen aufwendigere Modelle anschauen.
Wenn du den Stoffverbrauch möglichst genau berechnen willst, solltest du erst mal dein Schnittmuster fertig stellen und erst wenn es für den Zuschnitt bereit ist, geht es an die Berechnung des Stoffverbrauchs. Im Idealfall sind die Naht und Saumzugaben an deinem Papierschnitt bereits angezeichnet. Wenn nicht, musst du bei beiden Methoden berücksichtigen, dass sie noch hinzu kommen.
Stoffverbrauch berechnen durch ausmessen der Schnittteile
Als erstes schauen wir uns ein ärmelloses Kleid mit Volant an.

Eine Schnittkonstruktionsanleitung für dieses Modell findest du im Buch „Vom Basic Dress zu deinem Wunschmodell – Passformoptimierung und Modellgestaltung“.

Das Kleid besteht aus dem Vorderteil, dem Rückenteil, einem durchgehenden Hals- und Armlochbeleg für das Vorder- und Rückenteil, dem Saumvolant und einer Poloblende. Insgesamt haben wir 7 Schnittteile.

Wir gehen hier von Konfektionsgröße 38 und 140 cm Stoffbreite aus.
Da sowohl Vorder- als auch Rückenteil des Kleides im Stoffbruch zugeschnitten werden, falten wir die Webkanten jeweils zur Mitte hin. Die Auflagefläche für die Schnittteile beträgt dann jeweils ca. 35 cm.


Die erste Möglichkeit den Stoffverbrauch zu berechnen ist, an jedem Schnittteil die längste und breiteste Stelle abzumessen.
Wir beginnen mit dem Vorder- und Rückenteil.
Das Vorderteil ist 26, 1 cm breit und das Rückenteil 28,1 cm. Das sagt uns schonmal, dass sie problemlos nebeneinander passen. Neben jedem Schnittteile wäre sogar noch etwas Platz.

Das Rückenteil ist 85,3 cm lang und das Vorderteil 85,4 cm. So viel Stoff brauchen wir also auf jeden Fall schonmal für das Vorder- und Rückenteil.

Aber wir haben ja noch mehr Schnittteile. Schauen wir uns als nächstes den Saumvolant an.
Wichtig ist, dass du die Schnittteile immer so ausmisst, wie sie gemäß dem Fadenlauf auf dem Stoff liegen werden.

Das Schnittteil für den vorderen Volant ist 28,8 cm breit und das für den hinteren Volant ist 30,3 cm breit. Auch diese beiden Schnittteile passen folglich nebeneinander auf die Stoffbahn.

Die Höhe beträgt 23,7 cm bzw. 24,7 cm.

Mit der Länge von Vorder- und Rückenteil sind wir dann aktuell bei einem Stoffverbrauch von 110,1 cm (85,4 cm Vorderteil-Höhe + 24,7 cm hintere Volant-Höhe).
Jetzt die Belegteile für den Hals- und Armausschnitt. Der vordere Beleg ist 23,9 cm breit und der hintere Beleg ist 26,9 cm breit. Also passen auch diese beiden Schnittteile nebeneinander und es bleibt noch etwas Platz zu den Webkanten.

Die Höhe beträgt 24,6 cm bzw. 28,4 cm.

Damit sind wir jetzt bei einem Stoffverbrauch von 138,5 cm (85,4 cm Vorderteil-Höhe + 24,7 cm hintere Volant-Höhe + 28,4 cm hintere Beleg-Höhe).
Zum Schluss haben wir noch das Schnittteil für die Poloblende im Rückenteil. Da dieses Schnittteil lediglich 6 cm breit ist, können wir es problemlos noch neben den anderen Schnittteilen platzieren, ohne dass sich der Stoffverbrauch weiter erhöht.

Bei unseren Berechnungen haben wir jetzt einfach nur die Höhe der Schnittteile addiert. In der Realität würde man aber zwischen allen Schnittteilen 1 bis 2 cm Platz lassen.
Je nach Stoffart, musst du auch damit rechnen, dass der Stoff beim ersten Waschen etwas einläuft.
Für den finalen Stoffverbrauch empfehle ich dir daher zur Sicherheit nochmal 10 bis 20 cm drauf zu schlagen.
Am Ende kommen wir hier dann auf einen Stoffverbrauch von ca. 150 cm.

Stoffverbrauch ermitteln durch auslegen der Schnittteile
Eine andere Methode um den Stoffverbrauch ohne Rechnerei zu ermitteln, ist irgendeinen Stoff mit passender Breite aus deinem Fundus auf einem Tisch oder dem Fußboden auszulegen und die Schnittteile darauf zu platzieren.
Alternativ kannst du dir auch die Stoffbreite mit Kreppklebeband oder kleinen Gegenständen auf dem Tisch oder Fußboden markieren.
Diese Methode ermöglicht dir kleine Lücken optimal auszunutzen.
Schauen wir uns das mal anhand einer Schlaghose an.

Eine Schnittkonstruktionsanleitung für dieses Modell findest du im Buch „Von der Basic Hose zu deinem Wunschmodell – Passformoptimierung und Modellgestaltung“.

Die Hose besteht aus der Vorderhose, der Hinterhose, der Passe, dem Bund für Vorder- und Hinterhose, den Taschenbeuteln, der Gesäßtasche und dem Reißverschlussbeleg. Insgesamt haben wir 9 Schnittteile.

Die Bund-Teile müssen jeweils doppelt zugeschnitten werden. Den kleinen Taschenbeutel können wir hier jetzt ignorieren, da dieser aus einem anderen Stoff zugeschnitten wird.
Wir gehen hier wieder von Konfektionsgröße 38 und 140 cm Stoffbreite aus. Den Stoff falten wir einmal längs, so dass auf der einen Seiten die beiden Webkanten aufeinander liegen und wir auf der anderen Seite eine Bruchkante haben.


Erst mal legen wir die Vorder- und Hinterhose auf dem Stoff aus. Ich empfehle dir immer mit den größten Schnittteilen zu beginnen.
Allerdings merken wir schnell, dass die beiden Schnittteile bei dieser Stoffbreite nicht nebeneinander passen.
Als nächstes können wir ausprobieren, ob die Schnittteile auf den Stoff passen, wenn wir sie versetzt auflegen. Aber leider müssen wir feststellen, dass auch das bei diesem Hosenschnitt nicht passt.

Also müssen wir die Vorder- und Hinterhose übereinander anordnen.
Mit den vielen kleinen Schnittteile, haben wir jetzt den Vorteil, dass wir sie einfach auflegen können, um zu schauen ob der Platz neben der Vorder- und Hinterhose ausreicht.
Wenn ich alle Schnittteile ausgelegt habe, kann ich einfach abmessen wie lang alles zusammen ist und so den benötigten Stoffverbrauch ermitteln. Hier in diesem Fall komme ich auf 2 Meter 12.

Fazit
Jetzt kennst du 2 Methoden um den Stoffverbrauch für dein Schnittmuster zu ermitteln.
Die erste Variante, bei der du die Schnittteile ausmisst und so den Stoffverbrauch berechnest, ist vor allem dann sinnvoll, wenn du Schnittmuster selbst am PC konstruierst aber kein Schnittlagenprogramm hast. Hier kannst du die Schnittteile dann bequem am Computer vermessen und die Maße addieren. So musst du nicht alle Schnittteile in allen Größen ausdrucken.
Die zweite Variante ist sehr praktisch, wenn du einen Papierschnitt vorliegen hast. Mit dem Auslegen der Schnittteile kannst du den Stoffverbrauch ganz schnell und einfach ermitteln. Vor allem wenn das Schnittmuster aus vielen Einzelteilen besteht, ist diese Methode sehr geeignet, weil du hier auch gut "puzzeln" und probieren kannst.
Egal welche Methode du anwendest, für die Zukunft weißt du jetzt immer genau, wie viel Stoff du für deinen neuen Modellschnitt einkaufen musst.