Was genau ist eine Kappnaht und wofür braucht man sie
Eine Kappnaht ist eine besonders stabile und strapazierfähige Naht, die häufig bei der Herstellung von Jeans, Arbeitskleidung und anderen robusten Textilien verwendet wird.
Diese Nahtart zeichnet sich dadurch aus, dass die Stoffkanten in die Naht eingeschlossen werden, was das Ausfransen verhindert
Zudem gewährleistet die echte Kappnaht eine saubere und professionelle Innenverarbeitung, da sie von außen und innen identisch ist. Die geschlossenen Nähte auf der Innenseite sind vor allem bei ungefütterten Jeansjacken sinnvoll.
Die Kappnaht ist ideal für Nähprojekte, die hoher Belastung ausgesetzt sind, und gibt Kleidungsstücken wie Hosen, Jacken und Hemdblusen zusätzliche Haltbarkeit. Die betonten Nähte verleihen dem Kleidungsstück darüber hinaus eine ästhetisch ansprechende Optik.
Welche Arten gibt es und wodurch unterscheiden sie sich
Vielleicht hast du schon mal gehört, dass es eine echte und eine falsche Kappnaht gibt. Auch der Begriff doppelte Kappnaht wird hin und wieder verwendet. Doch wo genau sind denn eigentlich die Unterschiede?
Die falsche Kappnaht, auch fake Kappnaht genannt, sieht von außen zwar wie eine Kappnaht aus (ok wenn man ehrlich ist eigentlich nur von Weitem...), ist eigentlich aber gar keine. Sie wird im Grunde wie eine normale Naht genäht und dann durch Ziernähte optisch zu einer Kappnaht gemacht. Sie kann als einfache Kappnaht mit einer sichtbaren Nahtlinie oder als doppelte Kappnaht mit zwei sichtbaren Nahtlinien genäht werden.
Auf dem Foto siehst du links, wie eine falsche Kappnaht an einer industriell gefertigten Jeanshose von außen aussieht und rechts, wie sie von innen aussieht.
Die echte Kappnaht ist immer auch eine doppelte Kappnaht. Sie enthält immer zwei sichtbare Nahtlinien und je nach Verarbeitungsweise liegt der Stoff auch doppelt. Es kursieren verschiedene Nähtechniken für die echte Kappnaht, von denen ich dir später auch zwei Arten zeigen werde.
Echte Kappnähte sind besonders strapazierfähig, fransen nicht aus und sehen auch innen sauber und professionell aus.
Auf dem Foto siehst du links, wie eine echte Kappnaht an einer industriell gefertigten Jeansjacke von außen aussieht und rechts, wie sie von innen aussieht.
Falsche Kappnaht nähen
Die falsche Kappnaht geht relativ schnell und einfach. Diese Variante wird im Grunde wie eine normale Naht genäht.
Du legst also die Stoffteile rechts auf rechts aufeinander und nähst die Naht. Diese erste Nahtlinie liegt später innen auf der linken Stoffseite und ist von außen nicht sichtbar.
Dann versäuberst du die beiden Stofflagen der Nahtzugabe zusammen mit der Overlock. Alternativ kannst du auch einen Overlock- oder Zickzackstich deiner Nähmaschine verwenden.
Anschließend bügelst du die Nahtzugabe in eine Richtung.
Jetzt kommt der Teil, der aus der einfachen Naht zumindest optisch eine Kappnaht macht: die Nahtzugabe wird ein Stück neben der Nahtlinie am Oberstoff fest gesteppt.
Auf der Außenseite des Kleidungsstückes ist dann eine Nahtlinie zu sehen wie bei einer echten Kappnaht. Natürlich kannst du hier auch zwei Stepplinien nebeneinander machen.
Machst du nur eine sichtbare Steppnaht reicht hier eine normale Nahtzugabe von 1 cm. Möchtest du zwei sichtbare Steppnähte mit etwas Zwischenraum nebeneinander setzen, sollte die Nahtzugabe etwas breiter sein. 1,3 - 1,5 cm sind hier empfehlenswert.
Die vermeintlich echte Kappnaht
Die echte Kappnaht, auch doppelte Kappnaht oder Doppelkappnaht genannt, ist eine der stabilsten Nähte überhaupt.
Die häufigste Nähweise, die man im Internet unter dem Suchbegriff „echte Kappnaht“ findet ist aber eigentlich gar nicht so echt. Von außen kommt sie der echten Kappnaht sehr nah, aber von innen ist nur eine Nahtlinie zu sehen. Zudem beinhaltet diese Vorgehensweise sehr viele Zwischenschritte und ist daher relativ zeitaufwendig.
Schauen wir uns einmal an, wie sie genau genäht wird:
Du legst deine beiden Stoffstücke links auf links aufeinander und nähst sie zusammen. Diese Naht wird später von außen sichtbar sein. Wenn du für deine Kappnaht also einen dickeren Faden oder ein Garn in Kontrastfarbe verwenden möchtest, musst du es schon für die erste Naht verwenden.
Jetzt bügelst du die Nahtzugaben am besten erst mal auf die Seite, auf der die Kappnaht später liegen soll. Bei der Innenbeinnaht einer Hose, müsstest du die Nahtzugaben zur Hinterhose bügeln. Die Nahtzugaben liegen außen auf der rechten Stoffseite.
Dann schneidest du die Hälfte der unten liegenden Nahtzugabe ab.
Anschließend klappst du die oben liegende, längere Nahtzugabe um die untere, gekürzte Nahtzugabe herum. Dadurch wird die offene Schnittkante der unteren Nahtzugabe umschlossen. Jetzt solltest du die Naht noch mal flach bügeln.
Schließlich steppst du die Nahtzugaben am Oberstoff fest. So erhältst du auf der Außenseite eine zweite parallele Nahtlinie.
Auf dem Foto siehst du links, wie diese Variante der Kappnaht von außen aussieht und rechts, wie sie von innen aussieht. Außen hast du zwei sichtbare Nahtlinien, innen jedoch nur eine. Also tatsächlich nicht ganz so wie bei der echten Kappnaht.
Je nach dem, wie breit du die Kappnaht haben möchtest, empfiehlt sich für diese Vorgehensweise eine Nahtzugabe von 1,5 bis 2 cm. Da du die Hälfte der einen Nahtzugabe abschneidest, wird die fertige Kappnaht dann halb so breit, also 0,75 bis 1 cm.
Die wirklich echte Kappnaht
Die vermeintlich echte Kappnaht ist schon ganz gut. Doch es gibt auch mit einer normalen Haushaltsnähmaschine die Möglichkeit eine Kappnaht so zu nähen, dass sie wie eine industriell gefertigte Kappnaht aussieht.
Die Variante, die ich dir hier jetzt vorstelle, habe ich während meiner Berufsausbildung zur bekleidungstechnischen Assistentin gelernt.
Sie sieht am Ende nicht nur von innen und außen gleich aus, sie geht auch relativ schnell und ist sehr stabil.
Für diese doppelte Kappnaht benötigst du je nach Stoffdicke eine Nahtzugabe von 1,6 bis 1,8 cm Nahtzugabe. Für einen einfachen Baumwollstoff sind 1,6 cm Nahtzugabe ausreichend. Für einen Jeansstoff solltest du besser 1,8 cm wählen. Falls du die Kappnath mit einem richtig dicken Walkstoff nähen möchtest, solltest du sogar noch etwas mehr Nahtzugabe verwenden. Später schauen wir uns noch mal an warum das so ist.
Für diese Variante der echten Kappnaht ziehst du entlang der Schnittkante erst mal eine Linie im Abstand von je 1 cm (egal wie breit deine Nahtzugabe insgesamt ist).
Dann legst du die beiden Stoffstücke links auf rechts aufeinander so, dass die Schnittkante des einen Stoffstücks jeweils an die 1 cm Markierung des anderen Stoffstücks stößt. Die Schnittkante des rechten Stoffstücks zeigt jetzt also nach links und die Schnittkante des linken Stoffstücks zeigt nach rechts.
Du kannst hier wählen, ob das rechte oder das linke Stoffstück oben liegen soll. Die Seite die jetzt oben liegt, bleibt auch oben. Für die Innenbeinnaht einer Hose bedeutet das, dass die Vorderhose oben liegen sollte.
Stecke die beiden Stoffstücke zusammen und nähe den Stoff mittig auf der Überlappung fest. Hier kannst du einen einfachen Geradstich verwenden. Für noch mehr Stabilität könntest du aber auch einen Zick-Zack-Stich verwenden. Diese erste Nahtlinie verschwindet gleich im Stoff und wird später weder von außen noch von innen sichtbar sein.
Falte den Stoff entlang der Schnittkanten so, dass die Schnittkanten beider Stoffstücke innen verschwinden.
Steppe knappkantig entlang der Stoffkante. Diese Steppnaht ist von innen und außen sichtbar. Hier kannst du jetzt also einen dickeren Faden oder ein Garn in Kontrastfarbe verwenden.
Wende den Stoff und steppe knappkantig entlang der anderen Stoffkante. Solltest du als Oberfaden ein dickeres Jeansgarn und als Unterfaden ein normales Allesnäher-Garn verwenden, musst du beide Steppnähte der Kappnaht von der rechten Stoffseite aus machen. Eine Naht platzierst du dann also direkt neben der sichtbaren Kante und die zweite Naht ein Stück daneben. Umso dicker der Stoff ist, desto besser spürst du die zweite unten liegende Stoffkante durch den Stoff.
Auf der Zeichnung siehst du, wie die beiden Stoffstücke gefaltet sind und wo sich die Nähte befinden:
Die Kappnaht ist jetzt innen und außen identisch. Für ein perfektes Finish kannst du sie zum Schluss einmal bügeln.
Durch die Art, wie der Stoff bei dieser Variante gefaltet wird, benötigst du umso mehr Nahtzugabe, desto dicker der Stoff ist. Beide Stoffstücke werden jeweils um die Nahtzugabe des anderen Stoffstückes herumgelegt. Umso dicker der Stoff ist, desto mehr Strecke müssen sie zurück legen. Die fertig genähte Kappnaht ist von außen immer 1 cm breit.
Am besten nähst du zunächst ein kleines Probestück um die perfekte Nahtzugabe für deine Stoffdicke zu ermitteln! Schneide hierfür zwei Stoffstücke zu, die jeweils 5 cm + Nahtzugabe breit sind. Also für einen Jeansstoff z.B. 5 cm + 1,8 cm = 6,8 cm. Nähe die Kappnaht gemäß der Anleitung und miss nun nach ob die beiden Stoffstücke zusammen genäht 10 cm breit sind. Sind sie breiter, benötigst du weniger Nahtzugabe. Sind sie schmaler, benötigst du mehr Nahtzugabe.
➡️ Diese Nähanleitung für die echte Kappnaht kannst du dir HIER auch als kurzes Video anschauen.
Kappnähte werden sehr gerne an Jeanshosen verwendet, da sie die Arbeitshose besonders strapazierfähig und haltbar machen.
Wenn du dir selbst gerne gut passende Hosen nähen möchtest, empfehle ich dir das Fachbuch „Von der Basic Hose zu deinem Wunschmodell – Passformoptimierung und Modellgestaltung“.
➡️ HIER findest du alle Infos zum Buch.
Das Wichtigste in Stichpunkten zusammen gefasst
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Bei der falschen Kappnaht sieht man innen auf der linken Stoffseite die Versäuberungsnaht.
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Die falsche Kappnaht ist nicht ganz so stabil wie die echte Kappnaht.
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Bei der falschen Kappnaht kannst du ein oder zwei Ziernähte setzen. Hierfür wählst du 1 bis 1,5 cm Nahtzugabe.
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Für die echte Kappnaht kursieren verschiedene Varianten
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Die vermeintlich echte Kappnaht kommt der Sache schon sehr nah, hat innen aber nur eine statt zwei sichtbare Nahtlinien.
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Für diese Variante benötigst du 1,5 bis 2 cm Nahtzugabe je nach gewünschter Nahtbreite.
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Die wirklich echte doppelte Kappnaht sieht innen und außen identisch aus mit jeweils zwei sichtbaren Nahtlinien. Sie ist die stabilste Variante, da sie insgesamt aus drei Nähten besteht.
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Bei dieser Variante ist die Nahtzugabe von der Stoffdicke abhängig. In der Regel ist eine Nahtzugabe von 1,6 – 1,8 cm empfehlenswert. Bei sehr dicken Stoffen kann aber auch mehr nötig sein.
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Die Kappnaht eignet sich am besten für gerade Nahtstrecken. Bei stark gerundeten Nahtstrecken muss die Nahtzugabe eingeschnitten werden, damit sie sich flach am Oberstoff anlegen kann. Das wäre wenn dann nur bei der falschen Kappnaht möglich.
Mit diesem Wissen bist du bestens gerüstet, um deine Nähprojekte mit einer strapazierfähigen und professionellen Naht auszustatten.
Egal ob für Jeanskleider, Hemdblusen, Hosen oder Outdoor-Jacken, die Kappnaht sorgt nicht nur für eine besondere Langlebigkeit deiner selbst genähten Kleidung, sie verleiht ihr zudem von außen eine professionelle und von innen eine saubere Optik.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren!
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