Schnittmuster anpassen – 6 Passformoptimierungen für Kleider und Oberteile

Perfekt sitzende Kleider und Oberteile sind kein Zufall, sie sind das Ergebnis der richtigen Anpassungen! Gemeinsam mit zwei Expertinnen zeigen wir dir in einer 3-teiligen Blog-Serie, was du für die perfekte Passform benötigst. Vom richtigen Maßnehmen über das Erkennen von Passformfehlern bis hin zur praktischen Umsetzung.

Grafik zur Blog-Serie von PiexSu, Dein Schnittmuster und Seamone. Abgebildet sind die drei Autorinnen Kristin, Eva und Simo mit ihren Logos und den Themen der Beiträge: 1. Richtig Maßnehmen für Oberteile, 2. Schnittmuster anpassen – 6 Passformoptimierungen für Kleider und Oberteile, 3. FBA und SBA: So passt du deine Schnittmuster perfekt an deine Brust an.

Teil 1: Richtig Maßnehmen

Kristin Kahmeier von PiexSu - Schnittdirektrice aus der Schweiz

Kristin entwickelt seit 2016 Schnittmuster, die wirklich passen. In ihrem Artikel zeigt sie dir, wie du dich richtig vermisst und deine Maße korrekt interpretierst.

➡️ Zu Kristins Artikel "Richtig Maßnehmen für Oberteile"

Teil 2: Passformfehler erkennen

Eva Küpper von Dein Schnittmuster - Staatlich geprüfte Bekleidungstechnische Assistentin

Ich bringe Berufserfahrung von M. Müller & Sohn mit und begleite seit 2018 Frauen zu passgenauer Kleidung. Du erfährst, was die sechs häufigsten Passformprobleme bei Kleidern und Oberteilen sind und ob sie auch bei deiner Kleidung auftauchen.

➡️ Du bist hier.

Teil 3: Praktische Anpassung

Simone Borchers von Seamone - Studierte Textil- und Bekleidungstechnikerin

Simone entwickle seit 2015 technisch durchdachte Schnittmuster, die digitale Präzision mit zeitlosem Design verbinden. Sie zeigt dir Schritt für Schritt, wie du FBA und SBA an konkreten SEAMONE-Schnittmustern durchführst.

➡️ Zu Simones Artikel: "FBA und SBA: So passt du deine Schnittmuster perfekt an deine Brust an"

 

Schnittmuster für Standard-Konfektionsgrößen sind nach Durchschnittsmaßen konstruiert. Keiner entspricht von Kopf bis Fuß einer Konfektionsgröße. Meist finden wir unsere Körpermaße bei zwei oder drei verschiedenen Konfektionsgrößen wieder.

Richtiges Maßnehmen ist der erste wichtige Schritt zu gut sitzender Kleidung. Vergleiche deine gemessenen Maße mit den Körpermaßen der Konfektionsgrößen und erhalte erste Anhaltspunkte, an welchen Stellen du anpassen musst.

➡️ Wie du richtig Maß nimmst, erfährst du HIER im Blogbeitrag von piexsu.

Schauen wir uns hier mal sechs Stellen an, an denen häufig Passformprobleme auftauchen und Anpassungsbedarf ist:

Brustbereich anpassen (FBA & SBA)

Dein Brustumfang ist größer oder kleiner als bei deiner gewählten Konfektionsgröße.

Ist dein Brustumfang größer, kannst du das Vorderteil im Brustbereich erweitern.

Anleitungen für diese Anpassung findet man meist unter dem Begriff Full Bust Adjustment (FBA). Das Schnittmuster wird eingeschnitten und die fehlende Breite dazu gegeben, damit das Kleidungsstück am Ende den nötigen Umfang hat.

Bei dieser Anpassung wird das obere Vorderteil automatisch auch ein kleines bisschen verlängert. Denn bei einer großen Brust, muss das Kleidungsstück von der Schulter bis zur Taille eine längere Strecke zurück legen als bei einer kleinen Brust.

Ist dein gemessener Brustumfang kleiner als bei deiner gewählten Konfektionsgröße, kannst du das Vorderteil im Brustbereich verkleinern.

Diese Anpassung, die auch unter dem Namen Small Bust Adjustment (SBA) bekannt ist, ist quasi der umgekehrte Fall der FBA.
Bei einer SBA wird das Vorderteil im Brustbereich verschmälert und automatisch etwas gekürzt.

Wann muss ich eine FBA / SBA vornehmen?

Ob eine FBA oder eine SBA in deinem Fall sinnvoll ist, erkennst du vor allem an deiner Cup-Größe.

Konfektionsschnitte sind i.d.R. für ein B-Cup konstruiert. Trägst du bei BHs mindestens ein C-Cup ist eine Erweiterung im Brustbereich – also eine FBA – sinnvoll.

Am genähten (Probe)teil erkennst du fehlende Weite im Brustbereich an Spannungsfalten, die von der Schulter und vom seitlichen Taillenbereich aus zur Brust verlaufen.

Trägst du ein AA- oder A-Cup, ist eine Verkleinerung im Brustbereich – also eine SBA – das Mittel der Wahl.

Am genähten (Probe)teil erkennst du zu viel Weite im Brustbereich daran, dass der Stoff am oberen Vorderteil locker durchhängt.

➡️ Wie genau du eine FBA und eine SBA bei Schnittmustern mit und ohne Brustabnähern vornimmst, erfährst du HIER im Blogbeitrag von Seamone.

Und wenn du ein B-Cup trägst aber dein gemessener Brustumfang trotzdem nicht zum Konfektionsschnitt passt?

Dann ist eine Anpassung der Rückenbreite sinnvoll!

Rückenbreite anpassen

Der Brustumfang setzt sich aus der Brustbreite, zweimal dem Armdurchmesser und der Rückenbreite zusammen.

Um ein Kleidungsstück auf Brusthöhe anzupassen, kannst du also nicht nur die Brustbreite erweitern oder verkleinern, sondern auch die Rückenbreite.

Bei dieser Anpassung wird das obere Rückenteil des Schnittmusters durchgeschnitten und entweder übereinander geschoben (für eine Verschmälerung) oder auseinander gezogen (für eine Verbreiterung).

Übrigens, selbst wenn dein gemessener Brustumfang exakt zum Körpermaß der Konfektionsgröße passt, können Anpassungen sinnvoll sein.

Das Verhältnis von Brust- und Rückenbreite am Kleidungsstück muss zu deinem Körper passen. Hast du beispielsweise eine kleine Brust aber einen breiten Rücken, kannst du eine SBA vornehmen und im Gegenzug die Rückenbreite um das selbe Maß verbreitern.

Wann muss ich die Rückenbreite anpassen?

Ob du den Rückenbereich anpassen musst, merkst du vor allem an deinem genähten (Probe)Teil.

Spannt es im Rücken und fühlst du dich in deiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, wenn du die Arme nach vorne streckst? Dann ist dein Kleidungsstück definitiv im Rückenbereich zu schmal und das Schnittmuster muss erweitert werden.

Beult das Rückenteil hingegen stark aus, ist es zu breit und sollte verschmälert werden (aber nur so viel, dass du dich noch bequem bewegen kannst😉).

➡️ Wie du die Rückenbreite am Schnittmuster richtig anpasst, erfährst du in meinem Buch „Vom Basic Dress zu deinem Wunschmodell – Passformoptimierungen und Modellgestaltung“.

Titelbild des Buches "Vom Basic Dress zu deinem Wunschmodell - Passformoptimierung und Modellgestaltung"

 

Brustabnäher / Abnäherspitze verschieben

Eine weitere Stelle, an der häufiger Anpassungsbedarf herrscht, ist die Position des Brustabnähers. Genauer gesagt der Abnäherspitze.

Der Brustpunkt markiert die vorderste Stelle der Brust. Vielleicht sitzt er bei dir etwas weiter oben, unten, innen oder außen als bei der Konfektion vorgegeben. Die Position des Brustpunktes ist absolut individuell.

Am einfachsten überprüfst du die Position des Brustpunktes an einem genähten Probeteil. Nähe dein Kleid oder Oberteil aus einem günstigen Baumwollstoff oder alter Bettwäsche und mach eine Anprobe.

Am besten nimmst du dann einfach einen Stift und markierst auf dem angezogenen Kleidungsstück die vorderste Stelle deiner Brust.

Die Spitze des Brustabnähers sollte 2 cm neben dem Brustpunkt liegen! Bei einem seitlichen Brustabnäher heißt das, dass die Abnäherspitze an der linken Körperhälfte 2 cm links neben dem Brustpunkt liegt und an der rechten Körperhälfte 2 cm rechts neben dem Brustpunkt.

Verschiebe den Brustabnäher so, dass die Position der Abnäherspitze zu deiner Brustpunkt-Position passt.

➡️ HIER findest du das passende YouTube-Video.

Schulterbreite anpassen

Bleiben wir beim Oberkörper: Der nächste Bereich mit häufigem Anpassungsbedarf ist die Breite der Schulternaht.

Bei Konfektionsschnitten ist es so: umso größer der Brustumfang, desto breiter die Schulternaht.
Aber vielleicht hast du eine große Brust und trotzdem schmale Schultern. Oder einen schmalen Oberkörper mit breiten Schultern.

Wie auch immer deine Proportionen sind, die Schulternaht sollte nicht zu kurz und nicht zu lang sein, sie muss genau an der Schulterkugel enden!

Ist die Schulternaht zu breit, fällt der angenähte Ärmel runter und wirft Falten.

Ist die Schulternaht zu kurz, wird der Ärmel hoch gezogen und es zeigen sich Spannungsfalten.

Die Schulternaht kannst du ganz einfach auf das für dich passende Maß kürzen oder im Verlauf verlängern. Zeichne das Armloch neu ein und fertig ist die Anpassung. Im Normalfall musst du am Ärmel nichts verändern.

➡️ HIER findest du das passende YouTube-Video.

Schnittmuster im Hüftbereich erweitern

Und wie sieht es mit der unteren Körperhälfte aus?

Studien zufolge entsprechen mehr als 50% aller Frauen in Deutschland dem Figurtyp A (Birnenform).
Vielleicht ist es dir auch schonmal passiert, dass du einen Kleiderschnitt nach dem Brustumfang ausgesucht hast und der Stoff dann an der Hüfte spannte.

Spätestens beim Sitzen braucht ein Kleid aus nicht-elastischem Stoff um den Po rum ausreichend Weite.

Zählst du ebenfalls zum Figurtyp A, kannst du deinen Kleiderschnitt von der Taille abwärts erweitern.

Wichtig ist hier, die fehlende Weite nicht einfach nur an der Seitennaht zuzugeben!
Du musst die Weite dort anfügen, wo sie gebraucht wird und das ist meistens (auch) hinten am Po.

Erweiterst du nur die Seitennaht im Hüftbereich, kann es passieren, dass das fertig genähte Kleidungsstück von einem starken Gesäß nach hinten gezogen wird. Das hat eine schräg verlaufende Seitennaht zur Folge. Häufig staucht sich der Stoff dann auch über dem Po.

Daher solltest du unbedingt auch etwas Extraweite im unteren Bereich des Rückenteils einfügen und so den benötigten Platz für deinen Po schaffen.

➡️ HIER findest du das passende YouTube-Video.

Längenmaße anpassen

Schließlich bleiben noch die Längenmaße. Gerade bei anliegenden Kleidern ist es wichtig die Längenmaße zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Konfektionsschnitte sind für Frauen mit 168 cm Körpergröße konzipiert.

Aber Achtung! Deine Körpergröße allein ist noch nicht das ausschlaggebende Kriterium. Die Frage ist, wie verteilt sich deine Körpergröße?

Hast du einen langen Oberkörper und einen kurzen Unterkörper oder umgekehrt?

Markiere die vorgegebene Taillen- und Hüftposition des Konfektionsschnittes an deinem Probekleid, ziehe es über und schaue, ob die Linien an deinem Köper richtig positioniert sind.

Sitzen die Linien zu weit oben, musst du das Schnittmuster an der Taille und/oder im Hüftbereich verlängern. Sitzen die Linien zu weit unten, musst du das Schnittmuster an den entsprechenden Stellen kürzen.

➡️ HIER findest du das passende YouTube-Video.

Mein Tipp:

Ob die eine oder andere Passformoptimierung notwendig ist, kannst du mit richtigem Maßnehmen und Vergleichen von Maßen herausfinden.

Manche stellen sind jedoch schwierig zu messen oder bedürfen einer helfenden Hand, die nicht immer zur Verfügung steht.

Nähe ein Probemodell und mache eine Anprobe. Daran lassen sich viele Passformprobleme auch ohne kompliziertes Messen und Rechnen erkennen.

Dabei musst du nicht immer wieder von vorne beginnen. Die Basic Schnittmuster passt du einmal gründlich an deiner Körpermaße und -haltung an und kannst aus dieser gut sitzenden Basis immer wieder neue Modelle konstruieren.

Bild mit Zeichnung eines schlichten Kleides und einer schlichten Hose. Dabei steht Basic Schnitte + YouTube-Tutorials

 

Schau auch gerne mal auf meinem ➡️ YouTube-Kanal vorbei. Dort erwarten dich viele Videoanleitungen zur Passformoptimierung und Modellgestaltung.

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